Chato, mein Spanienhund

Hallo !

 

In der Hoffnung, möglichst viele Leser zu ermutigen, lieber eine/n StreunerIn aufzunehmen als einen Hund vom Züchter oder Vermehrer zu kaufen, habe ich meinen Erfahrungsbericht geschrieben, - ohne eventuell anfallende Probleme zu beschönigen:


Chato, mein Spanienhund


Im Spanienurlaub lief ich abends durch eine Gasse als mir ein Hund entgegenkam - wir sahen uns an und er umkreiste mich so freudig schwanzwedelnd als wenn wir alte Freunde wären. Mir gefiel seine freundliche, fröhliche Art auf Anhieb und beim Streicheln merkte ich sofort, dass er ein Streuner war weil Trauben von Zecken an seinen Ohren hingen, sein Fell völlig verfilzt war und er sich nach der stürmischen Begrüßung heißhungrig über ein paar Pommes hermachte die im Dreck lagen.
Die Pommes waren ihm aber sofort egal als ich weiterging, er folgte mir freudig wedelnd, sah mich dabei fortwährend an und so war mein Entschluss im gleichen Moment gefallen: der Name Chato passt zu ihm und wir gehören zusammen !


Eigentlich hatte ich noch garnicht vor, mir einen Hund zuzulegen, war auf der Suche nach einem Haus mit Garten und wollte solange warten, aber Chato hatte mich auf Anhieb so mit seinem Charme und seiner Anhänglichkeit überwältigt, dass mir gar keine andere Wahl blieb als ihn mitzunehmen, nicht ahnend, welche Probleme damit in Spanien auf uns zukamen.


Abends hatte uns zum Glück keiner gesehen als wir meine Pension betraten, aber am nächsten Morgen hörte ich zum ersten Mal: Perro no ! - Kein Hund ! und so war ich meine Unterkunft los, denn die Option, mich von Chato wieder zu trennen war undenkbar.


Wir suchten als nächstes einen Tierarzt um Chato impfen zu lassen und ein Mittel gegen die Zecken zu bekommen - es müssen tausende gewesen sein die ich ihm aus dem Fell klaubte, aber ansonsten war der Tierarzt mit dem Gesundheitszustand meines neuen Begleiters, dessen Alter er auf ein knappes Jahr schätzte, sehr zufrieden. Die nötigen Bluttests waren zum Glück alle negativ wie ich später telefonisch erfuhr.


Dann gingen wir auf Futtersuche und weil ich meinem Chato etwas besonders Gutes tun wollte, kaufte ich ihm ein saftiges rohes Steak - er sah mich an, als wenn ich ihn vergiften wollte, stürzte sich stattdessen mit Begeisterung auf ein paar Hühnerknochen neben einer Mülltonne und fraß dann gierig ein trockenes Brötchen nachdem ich ihm die Knochen (wg. Splittergefahr) weggenommen hatte. Das Steak rührte er dagegen nicht an.


Es dauerte Wochen bis ich ihn von seinem Lieblingsfutter Abfall auf normales Hundefutter umgewöhnt hatte, aber am glücklichsten war er wenn er von meinem Essen etwas abbekam,


Von da an häuften sich die Probleme, denn in Spanien gilt "Perro no !" überall: in Hotels, in Bussen, Taxis, Zügen und in sämtlichen Restaurants - nirgends waren wir erwünscht und ich machte mir ernsthaft Sorgen wie ich meinen Hund nach Deutschland schaffen sollte.


Zum Glück nahm uns dann ein Autofahrer mit, dem ich unser Problem erzählt hatte und nachdem ich Chato beim 1. Mal ins Auto tragen musste weil er Angst hatte reinzuspringen, fand er es nur noch prima dabeizusein und danach liebte er jedes Auto in das ich einstieg.


Der nette Fahrer fuhr uns zu einer Fähre und wir setzten nach Ibiza über wo eine Freundin uns aufnahm, sonst hätten wir draußen übernachten müssen.


Nach vier Wochen fand sich dann ein Paar mit Bus aus Deutschland das bereit war uns mitzunehmen, denn Chato in eine Transportbox zu sperren und dann in einem Frachtraum auszufliegen kam für mich nicht in Frage, den Streß wollte ich ihm nicht antun, da er ja nur seine Freiheit kannte und sofort jammerte wenn er mich aus den Augen verlor, so froh war er, einen "Rudelanführer" gefunden zu haben dem er vertrauen konnte.


Eine Leine hatte ich zwar gekauft, aber die war völlig unnötig weil Chato mehr Angst hatte dass ich ihm weglaufen könnte als umgekehrt und sobald uns jemand mit Uniform auf der Straße entgegenkam, ging Chato von sich aus "bei Fuß", also dicht mit seinem Kopf an meinerm Knie, als wenn er das gelernt hätte. Wahrscheinlich hatte er schon schlechte Erfahrungen mit Uniformträgern hinter sich.
Auch vor dem Verkehr gab es nichts zu befürchten - aus seiner Erfahrung als Streuner wusste mein Hund offensichtlich, dass mit Autos nicht zu spaßen ist und er wäre nie über die Straße gelaufen ohne sich, erst links dann rechts, umzugucken ob die Luft rein war.


Bei einem warnenden "Stop" blieb er wie angewurzelt stehen und sah mich an, bis ich mit der Hand anzeigte, in welche Richtung es weiterging.


Glücklich zurück in Deutschland erwies sich Chato dann auch als restauranttauglich, denn er erfasste mit einem Blick, welchen Tisch in welcher Ecke ich anpeilte und schaffte es immer, sich unbemerkt dorthin zu schlängeln.


Nachdem er sich meiner Treue ebenso sicher war wie ich mir seiner, konnte ich ihm mit einer Handbewegung auch überall bedeuten zu warten und wusste, dass er genau dort noch saß wenn ich aus dem Geschäft wieder rauskam, oder wenn wir uns im Gedränge (z.B. auf einem Flohmarkt) verloren hatten, wusste ich, dass ich ihn exakt dort wiederfinde wo wir uns zuletzt in die Augen gesehen hatte - so brauchte mein Hund in seinem ganzen Leben keine Leine und war der unkomplizierteste Gefährte den man sich vorstellen kann.


Aber leider war sein Leben viel zu kurz - er wurde nur sieben Jahre alt bis er an einem Nierenschaden starb und die Probleme mit seiner Gesundheit fingen schon nach 1 1/2 Jahren an, als ihm plötzlich die Beine wegknickten und er von einem Tag zum andern völlig gelähmt war, nur noch den Kopf bewegen konnte.


Wir fuhren von einem TA zum andern und nachdem ihn sechs Tierärzte schon einschläfern wollten, was ich zum Glück abgelehnt hatte, gab mir der 7. Tierarzt nach zig erfolglosen Untersuchungen den Tipp, nach München zur Uni-Tierklinik zu fahren weil die Tierärzte dort eng mit dem Tropeninstitut zusammenarbeiten.


Nach einer weiteren Woche wussten wir dann endlich, dass mein Chato an einer seltenen Art von Borreliose litt und man gab mir neben speziellen Antibiotika den Rat, noch zwei Wochen abzuwarten. Schon eine Woche nach unserer Rückkehr geschah das Wunder: mein Hund stand morgens wedelnd neben meinem Bett und außer einem etwas wackeligen Gang während der ersten beiden Tage war er genauso fit wie vor der Lähmung.


Ich rief nat. begeistert in München an um von der Heilung zu berichten und mich zu bedanken, aber man sagte mir, dass die Lähmungen womöglich immer wieder auftreten und die Abstände dann erfahrungsgemäß immer kürzer werden - und so war es auch: nachdem Chato danach fast 2 Jahre lang topfit war, holte ihn die Borreliose wieder ein und der Schub dauerte eine Woche länger als der erste - da wir aber wussten, dass es nur ein Schub war, standen wir die Zeit mit viel Leckerlis und weniger Angst als beim 1.Mal durch. Nach einer erneuten Besserung, die ein Jahr anhielt, gab es noch einen 3. Lähmungsschub der auch nach ein paar Wochen wie ein Spuk wieder vorbei war.


In seinem siebten Lebensjahr begannen dann die Nierenprobleme, die der Tierarzt darauf zurückführte, dass Chato als Welpe wohl oft auf kaltem Beton gelegen (auch in Spanien können die Winter sehr kalt sein) und nur salzige Abfälle gefressen hatte.


Die letzten Wochen will ich nicht beschreiben - muss heute, nach über zwanzig Jahren noch heulen, aber trotz der ganzen Sorgen und Kosten die wir wg. Chatos Krankheiten hatten, hat es mir nie auch nur eine Sekunde leid getan, dass ich mich von ihm in Spanien habe adoptieren lassen, denn durch sein erstes Lebensjahr im Streunerrudel war mein Hund von Anfang an so gut sozialisiert (er reagierte auf jeden Augenkontakt und jedes Handzeichen) und war dabei so dankbar, sich nicht mehr alleine durchschlagen oder gegen stärkere Hunde durchsetzen zu müssen, dass jeder Augenblick in unseren gemeinsamen sechs Jahren trotz allem die reine Freude war !


Jetzt, als Neu-Rentnerin, habe ich vor, mir viel Zeit für eine Reise nach Griechenland zu nehmen wo Othon Thermos, ein Professor aus Thessaloniki ein riesiges Grundstück gekauft hat um fast zweihundert StreunerInnen einen sicheren Platz bieten zu können. Auf diese Zuflucht für Hunde wurde ich 2017 durch "Tiere suchen ein Zuhause" aufmerksam:
https://www.facebook.com/groups/Thalei.NeverWalkAlone/?fref=ts#_=_

Da will ich für 6 - 8 Wochen meine Hilfe anbieten und bin sicher, dass es dort eine liebe, kluge, gerne auch etwas ältere Hündin gibt, die beschließen wird, sich mir anzuschließen. Sollte sie noch eine Freundin oder einen Kumpel haben, der ebenfalls mit will - kein Problem, denn auch für zwei reichen unsre beiden Renten allemal und Zeit, Auslauf und Liebe sind reichlich vorhanden.


Dafür hat Othon dann wieder Platz für neue Schützlinge die es bitter nötig haben !

 

 

 

Anmerkung: dieser Text wurde von Vera zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Sie hat einer Weitergabe ihrer Daten nicht zugestimmt. Sollten Sie Fragen haben, werden wir das gern abklären und weiterleiten. 

 

 

 

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